Kapitelauszug "Weißwurst für Elfen", Gmeiner-Verlag, 2011

 

Als Matze das nächste Mal das Zimmer verließ, sah mich Natascha seltsam an. In einer Mischung aus belustigt und peinlich berührt.

„Ist was?“, fragte ich.

„In was für einem Verhältnis stehst du eigentlich zu, ähm, Frank?“

„Frank?“

„Franz?“

„Franz? Wieso, woher kennst du den?“

Sie legte den Kopf nach hinten und ich hätte gerne ihren Schwanenhals gewürgt. Vielleicht hätte ihre Seele dann meinen Körper verlassen und ich hätte zurückkehren können.

„Der hat mich gestern Abend besucht. Um halb zehn.“

Oh je, war sie da etwa schon auf dem Weg in die Heia gewesen, die süße Kleine?

„Der kommt sonst noch später“, gab ich spärlich Auskunft. „Was wollte er?“

„Ist das eine ernst gemeinte Frage? Ich hatte ein wenig den Eindruck, er will immer das Gleiche von dir!“ Jetzt wurde ich leicht rot. Musste ich ausgerechnet mit dieser Frau meine intimsten Geheimnisse teilen?

„Hast du ...“ Scheiße, diese Minderwertigkeit der Worte in manchen Situationen. „Hast du ... mit ihm … geschlafen?“

„Na, ich glaube, er wäre sehr irritiert gewesen, wenn ich es nicht getan hätte.“ Es war merkwürdig. Mich durchschoss ein glühendes Gefühl der Eifersucht. Des Neides. Der Verzweiflung über das Unrecht, das mir zuteil geworden war.

„Finger weg“, wollte ich schon sagen, aber sie hatte ja recht. Für ihn war alles wie immer. Hoffentlich. Wahrscheinlich eher nicht.

„Hat er was gemerkt?“

Sie zuckte indifferent mit den Schultern.

„Ich bin nicht ganz sicher. Aber, ich glaube, er war … entschuldige, wenn ich das so sagen muss, er war … positiv überrascht.“

Matze steckte den Kopf zur Tür herein, beladen mit einem Stapel Kopierpapier.

„Raus“, brüllte ich nur. „Nein, warte, komm rein.“ Dann zerrte ich Natascha am Ärmel auf die Dachterrasse.

„Ich will alles wissen“, fuhr ich sie an. „Was hast du mit ihm gemacht?“

„Na, Sex.“ Ich hätte sie am liebsten geschüttelt. Konnte die auch mal ausführlichere Informationen rausgeben?

„Willst du wissen, wie es war?“

Natürlich!

„Na ja, ich wusste ja überhaupt nicht, wer er war.“

Ach, nee. So einen hättest du garantiert nie kennengelernt, du innwendiger Fettwanst. Ich hing an ihren Lippen.

„Er hat mich allerdings schon zur Begrüßung so stürmisch geküsst, dass ich mir schon dachte, dass du was mit ihm hast. Er hat auch gar nicht lang rumgemacht und eh ich mich einmal umdrehen konnte, hatte ich schon keine Klamotten mehr an. Er schien ziemlichen Notstand zu haben.“

„Na, ich musste ihn letzte Woche ein paar Mal versetzen, wegen der Arbeit. Und dann hat er dich …?“

„Na ja, ich konnte ja wohl nicht nach der Polizei schreien, oder? Wäre vielleicht verdächtig gewesen. Außerdem … äh, zugegeben, er ist ja nicht unattraktiv.“ Sie besah ein wenig ihre Schuhspitzen. Die übrigens nicht ganz zu ihrem seeblauen Minirock passten, aber immerhin einen ganz interessanten Hingucker-Effekt hatten. So in ihrem Quietschrot.

„Er ging ganz schön ran. Und ...“ Mir lief ein Schauer über den Rücken.

„Hattest du die Haare weggemacht?“ Sie sah mich fragend an. „Die Haare?“ Ich deutete auf meinen Schritt und machte dann noch kreisende Bewegungen um meine Brustwarzen.

„Hast du da Haare?“

„Scheiße, du hast sie nicht weggemacht! Franz hasst behaarte Frauen!“

„Kennst du noch einen anderen Franz? Also, der, der da war, hat, ähm, er … er hat begeistert an den Härchen geknabbert.“

Ich ließ meinen fetten Hintern auf die kleine Betonmauer sinken, die das Blumenbeet der Dachterrasse begrenzte.

„Er hat geknabbert?“

„Ja. Es hat ihm offensichtlich Spaß gemacht. Und er hat gesagt, ich würde so appetitlich nach Schweiß riechen!“

Jetzt würde mir gleich schwarz vor Augen werden. Nach Schweiß stinken und die Haare nicht auszupfen!

„Nach dem Brazilian muss ich gar nicht fragen, oder? Weißt du überhaupt, was das ist?“ Ich hatte nicht geahnt, dass ich tatsächlich so blöd gucken konnte. Sie tat es bravourös.

„Die Bikinizone! Der Landing strip! Non capisce, eh?! Da, wo alle Mädchen lockige Haare haben – wenn sie welche haben. Ich hab da normalerweise keine.“

„Das hab ich gemerkt. Das tut ja höllisch weh, wenn die nachwachsen“, stöhnte sie wehleidig.

„Deswegen liegt immer eine Großpackung Wachs im Badezimmer. Wenn man regelmäßig wachst, wächst es nicht mehr so schnell und kann sich auch nicht so entzünden. Okay, also: kein Brazillian. Hat er dazu auch nichts gesagt? Ist er noch bis zum Orgasmus geblieben, oder hast du ihn vorher mit Schweißfüßen vertrieben?“

Jetzt funkelte sie böse.

„Okay, wenn du’s genau wissen willst: Wir haben es drei Mal getrieben! Drei Mal hintereinander! Es war richtig geil! Und als er ging, hat er mir ins Ohr geflüstert, dass ich eine echte Drei-Sterne-Braut sei und so anschmiegsam. Bisher hätte er immer gedacht, ich sei mehr ein Drei-Sterne-Gefrierfach, aber er sei richtig glücklich, dass ich ihm endlich bewiesen hätte, dass ich auch ein lebendiger Mensch sei. So!“ Und dann drehte sie sich um und ging wieder hinein.

Bettina Brömme